Selbstverletzung

„Wieso tue ich mir immer wieder selbst weh?“

Vielleicht kennst du das: Du hast das Gefühl, innerlich unter einem großen Druck zu stehen. Und gleichzeitig vielleicht auch gar nichts mehr richtig zu fühlen. Du denkst, dass du dich selbst verletzen musst, damit es dir für einen Moment besser geht.

Damit bist du nicht allein: ungefähr 25-35% der Kinder und Jugendlichen in Deutschland haben sich schon mindestens einmal selbst verletzt.

„Ich ritze mich nicht – also verletze ich mich nicht?“

Selbstverletzendes Verhalten ist ein Versuch, schlechten Gefühlen, Stress oder Druck zu entkommen. Das passiert, indem für eine kurze Zeit ein anderer, zum Beispiel körperlicher Schmerz so stark ist, dass die Probleme in den Hintergrund treten. Damit sind also keine Versuche gemeint, sich umzubringen.

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Aber: Die Probleme, von denen man sich ablenkt, verschwinden nicht.

Die Selbstverletzung macht nur, dass man sie für eine kurze Zeit vergisst. Es kann also passieren, dass nach einer Weile, wenn die negativen Gefühle wieder stärker werden, auch der Drang steigt, sich wieder selbst zu verletzen. Bei häufiger Selbstverletzung kommt es aber dazu, dass immer stärkere Verletzungen nötig sind, um den gleichen Schmerz zu spüren.

Vom „Ritzen“ hast du bestimmt schon einmal gehört. Und obwohl es eine der häufigsten Formen von selbstverletzendem Verhalten darstellt, ist es lange nicht die einzige. Auch Verbrennen der Haut oder sich selbst Schläge zuzuführen ist selbstverletzendes Verhalten. Ältere Jugendliche können durch Drogen oder Alkoholmissbrauch selbstverletzende Verhaltensweisen zeigen. Es wird auch diskutiert, ob Essstörungen selbstverletzendes Verhalten sind, oder ob sie nur oft gemeinsam damit auftreten.

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Aber warum?

Der Drang, sich selbst zu verletzen, kann ganz verschieden entstehen.

Zum Beispiel, wenn sich die Eltern trennen oder ihr Stress sich auf dich als Kind überträgt.

Wenn du in der Schule Mobbing erfährst, kann das ebenfalls sehr viele unangenehme Gefühle auslösen, die schwer auszuhalten sind.

Oder du bekommst mit, dass sich deine Freunde selbst verletzen.

Auch das kann manchmal dazu führen, dass du es selbst als Lösungsweg für deine Probleme siehst.

„Manchmal weiß ich nicht, was ich sonst machen soll“

In einer Situation, in der du dich selbst verletzt, kann das wie der einzige Weg scheinen, wie es dir besser gehen kann. Oder du hast vielleicht das Gefühl, du musst dich jetzt schneiden, als gehe es gar nicht anders. Hier sind einige Tipps, die dir in einer akuten schlimmen Situation helfen können, dich nicht selbst zu verletzen:

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1. Drücke deine Gefühle aus.

Schreibe sie auf, male oder zeichne das, was dich beschäftigt.

2. Lenke die Energie um.

Du machst gerne Sport? Rennst, joggst oder fährst gerne Fahrrad? Versuche, raus zu gehen und dich zu bewegen.

3. Lenk dich ab.

Räume dein Zimmer auf oder mache Hausaufgaben. Vielleicht findest du ein neues Rezept, was du heute noch ausprobieren möchtest. Kennst du die Liedtexte deiner Lieblingsband wirklich alle auswendig?

4. Wende dich an Vertrauenspersonen.

Wenn du die Möglichkeit hast, rede mit Freundinnen oder Freunden. Vielleicht kannst du dich auch deinen Eltern, einer Tante oder deinem Opa anvertrauen.

5. Schnapp dir dein Haustier.

Wenn du eines hast, kann Kuscheln oder Streicheln helfen, dich von dem Drang nach Selbstverletzung abzulenken.

6. Finde etwas anderes.

Du kannst versuchen, selbstverletzende Verhaltensweisen zu „ersetzen“.  Auch wenn nichts ein wirklicher Ersatz ist, gibt es ganz viele Möglichkeiten, anders mit dem Druck umzugehen. Ein Stoffball, den du fest drücken kannst, ein Gummiband, das du fest an die Hand schnipsen lassen kannst oder etwas Scharfes oder besonders Kaltes zu essen. Vielleicht hilft dir auch etwas anderes als diese Beispiele.

7. Akzeptiere, dass es vielleicht nicht gleich klappt.

Je länger du dich bereits selbst verletzt, desto schwieriger kann es sein, aufzuhören. Sei stolz auf kleine Erfolge. Du kannst ein Tagebuch führen, in das du auch einträgst, wann du es geschafft hast, dich nicht zu verletzen. Wie hast du dich gefühlt? Was hast du stattdessen gemacht? Und wie fühlst du dich, wenn du das aufschreibst? Diese Dinge kannst du dir dann immer wieder durchlesen, wenn der Drang, dich zu verletzen, wieder aufkommen sollte.

8. Gib dir 15 Minuten Zeit,

wenn du dich selbst verletzen willst. In diesen 15 Minuten kannst du einige der Tipps anwenden. Wie fühlst du dich nach den 15 Minuten? Ist der Druck schwächer geworden oder vielleicht ganz weg?

Einsamkeit - was tun?

„Ich will das nicht mehr – was kann ich tun?“

Nach selbstverletzenden Handlungen folgen oft Gefühle wie Scham oder auch Ärger über sich selbst, ein schlechtes Gewissen. Viele wollen nicht, dass jemand etwas mitbekommt. Vielleicht, weil sie sich schämen, oder aus Angst, dass ihnen unterstellt wird, sie wollen nur Aufmerksamkeit.

Gibt es Hilfe?

Ja, die gibt es. Es ist sehr wichtig, sich an jemanden zu wenden, dem du vertraust. Indem du dir Hilfe suchst, kannst du beginnen, dich deinen Problemen auf andere Weise zu stellen als durch Selbstverletzung.

Bei JugendNotmail kannst du dich in einem sicheren Umfeld unseren Beraterinnen und Beratern anvertrauen. Sie versuchen mit dir gemeinsam einen Ausweg zu finden.

Plener, Paul L. (2015): Suizidales Verhalten und nichtsuizidale Selbstverletzungen. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg.

Plener, Paul L.; Kaess, Michael; Schmahl, Christian; Pollak, Stefan; Fegert, Jörg M.; Brown, Rebecca C. (2018): Nonsuicidal Self-Injury in Adolescents. In: Deutsches Arzteblatt international 115 (3), S. 23–30. DOI: 10.3238/arztebl.2018.0023.

http://www.rotelinien.de/start.html

Schulz, Michael; Löhr, Michael (2015): Sich selbst verletzen -großer Anspannung entkommen. In: Heilberufe / Das Pflegemagazin 67 (6), S. 31–34.

Self-Injury Outreach and Support

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