Thema: Missbrauch

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Ralf Palik

LESEDAUER

10-15 Minuten

RUBRIK

Körper und Seele

Unangenehm berührt? 

Manchmal berühren uns andere Menschen ungefragt oder fordern uns zu etwas Körperlichem auf, das wir eigentlich nicht möchten. Es fühlt sich falsch an und man spürt, dass man das nicht will. Aber man lässt es über sich ergehen oder du machst etwas, weil es von einem erwartet wird. Weil man dieser Person vertraut oder Angst vor ihr hast. 

Menschen, die Mädchen und Jungen sexuell belästigen oder missbrauchen, sind selten irgendwelche unheimlichen Fremden, die im Dunkeln auflauern. Meistens kennst man sie aus dem Umfeld (Familie, Schule, Freizeit…). 

Oft mag man diese Menschen sogar: sie schenken Aufmerksamkeit, kümmern sich, hören zu. Manchmal machen sie auch Geschenke. Man freut sich über die Aufmerksamkeit. Alles ist gut. 

Bis zu dem Moment, in dem Dinge passieren, die nicht richtig sind. 

Manchmal sind es auch Menschen, vor denen du sehr viel Respekt oder sogar Angst hast. Du tust, was sie wollen, weil sie dir drohen. 

Aber wer auch immer dich unangenehm berührt hat: wenn es dir unangenehm ist, handelt es sich meist um sexuelle Belästigung oder sogar sexuellen Missbrauch, auch „sexualisierte Gewalt“ genannt. 

Grenzüberschreitungen und sexuelle Belästigung 

„Es fing an mit einem Klaps auf den Po…“ 

Grenzüberschreitung kann eine Vorstufe des Missbrauchs sein. 

Täter*innen testen in dieser Phase aus, wie weit sie gehen können. Schon kleine Dinge, bei denen man sich aber unwohl fühlt, sind Grenzüberschreitungen. Deshalb verlass`dich auf dein Bauchgefühl. 

Ein paar Beispiele für Grenzüberschreitungen: 

  • anzügliche Blicke (z. B. jemand in den Ausschnitt oder auf den Po starren) 
  • Chatnachrichten mit sexuellem Inhalt 
  • sexuelle Anspielungen, Witze, Bemerkungen über den Körper, die wie Komplimente klingen, aber trotzdem unangenehm sind, z. B. „Du hast ja einen tollen Hintern!“ 
  • ungewollt mit Kosenamen angesprochen werden (Süße*r, Schatzi, Maus…) 
  • ungewollter Körperkontakt mit einer anderen Person, der scheinbar zufällig ist, z. B. in öffentlichen Verkehrsmitteln 
  • selbst das „Küsschen“, das ein Onkel vielleicht zur Begrüßung fordert:  

Sexueller Missbrauch / sexualisierte Gewalt 

Um strafbaren Missbrauch handelt es sich, 

  • wenn man minderjährig ist und sexuelle Handlungen am Körper stattfinden oder man entsprechend angefasst wird (wenn z.B. Genitalien berührt/erregt werden, Zungenküsse gegeben werden). 
  • Zu den schweren Formen zählen Vergewaltigungen aller Art: vaginal, oral, anal. 

All diese Taten sind strafbar. 

Um eine Vergewaltigung handelt es sich immer dann, wenn man „nein“ sagt und trotzdem sexuelle Handlungen an dir vorgenommen werden. 

  • Es gibt auch Missbrauchshandlungen, die den Körper nicht direkteinbeziehen, z.B. wenn jemand vor dir masturbiert, sich exhibitioniert (ungefragt seine Geschlechtsteile zeigt), dir gezielt pornografische Darstellungen zeigt oder dich zu sexuellen Handlungen an sich selbst – beispielsweise auch vor der Webcam – auffordert. 
  • Das Fotografieren oder Filmen von Missbrauchshandlungen ist ebenfalls eine Form sexuellen Missbrauchs. 
  • Strafbar sind übrigens auch unverlangt zugesandte „Dickpics“ und natürlich erzwungene Prostitution. 
  • Bei unter 14-jährigen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sie sexuellen Handlungen nicht zustimmen können. Diese Handlungen sind deshalb immer als sexuelle Gewalt zu werten, selbst wenn man damit einverstanden bist. 

Was tun, wenn dir das passiert? 

1. Schon bei sexueller Belästigung: Klar und deutlich zu verstehen geben, wenn man etwas nicht will. 

Sag laut und deutlich: NEIN! 

2. Entscheidungshilfe: Fühlt sich das, was gerade passiert, gut an oder nicht? 

3. Sprich mit jemandem darüber (Familie, Lehrer*in, Vertrauensperson, Sozialpädagog*in der Schule, etc.). 

4. Kontaktiere bei strafbaren Handlungen die Polizei. 

5. Nach einer Vergewaltigung: möglichst nicht duschen oder sich waschen – auch wenn das der erste Impuls ist! Geh sofort in ein Krankenhaus und verlange eine Dokumentation/Untersuchung wegen der Vergewaltigung (und, wenn nötig, die „Pille danach“). Nur mit Beweismitteln kann man den Täter kriegen! 

6. Melde die Tat beim Jugendamt. 

7. Bei Jugendnotmail findest du immer ein offenes Ohr. Bei ALLEN Themen. 

8. Wichtig: Du bist nicht „schuld“, wenn sowas passiert. Auch dann nicht, wenn du ein bauchfreies Top o.ä. anhattest oder mit jemandem vorher geflirtet hast. 

9. Sexueller Missbrauch wirkt sich auf die Opfer oft schlimm aus. Folgen können sein: Depressionen, PTBS, Essstörungen, Borderline, … 

Deshalb sag NEIN und hol rechtzeitig Hilfe  

Wer kann Täter*in werden? 

Leider fast jede*r. Die Täter*innen kommen meist aus dem sozialen Umfeld: 

  • Nachbarn, Familienmitglieder, Gleichaltrige, Freund*innen, Trainer*innen, Musiklehrkräfte, Tanzlehrkräfte, Lehrkräfte in der Schule, Ärzte, Geistliche. 
  • Laut Polizeistatistik sind es meistens Männer, die zu zwei Dritteln aus dem engen/engeren sozialen Umfeld kommen. 
  • Aber auch Frauen können sexuell missbrauchen (seltener). 

Lass dir nichts einreden und suche Hilfe 

„Ich habe mich unendlich geschämt und gedacht, dass ich schuld bin…“ 

Sexueller Missbrauch ist ein Tabu in unserer Gesellschaft.  

Man glaubt, dass man schuld ist. Man hat vielleicht geflirtet, sexy Kleidung und Makeup getragen. Man macht sich Vorwürfe. Vielleicht auch andere durch andere. 

Suche dir eine Vertrauensperson, wo du dich sicher fühlst 

Wo finde man Hilfe? 

  • Schnelle Hilfe beim Kindernotdienst – per Telefon – 24/7 erreichbar – anonym: 030 61 00 61 

Quellen:

Bildquelle:

  • www.elements.envato.com

Inhalt

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Sexuelle Belästigung und Missbrauch geschehen oft durch vertraute Personen und können verschiedene Formen annehmen. Betroffene sollten klare Grenzen setzen, Hilfe suchen und Vorfälle dokumentieren. Unterstützung gibt es bei Vertrauenspersonen, der Polizei und Diensten wie JugendNotmail.

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